August 19, 2021

22:30

Hach, Gestern noch laut über die Berichterstattung zu Afghanistan gewettert und heute einen Leserbrief mit Linktip bekommen: Michael Lüders liefert. 43 Minuten Podcast und er beantwortet genau die Fragen, die ich gestellt habe. Das wäre das Niveau gewesen, dass ich bei den Öffentlich Rechtlichen erwartet hätte.

Unangenehme Erkenntnis (bzw. bestätigte Vermutungen):

  • Afghanistan ist ein Scheiße armes Land ohne das Know How seine Bodenschätze auszubeuten. Strom, fließend Wasser oder Straßen gibt es nur in und um große Städte.
  • Die Landbevölkerung ist bettelarm, lebt von der Hand in den Mund und hat eine hohe Analphabetenquote. Der Lebensstil ist archaisch auf Bronzezeitniveau und dementsprechend halt auch immer noch kompatibel mit einer Bronzezeitreligion.
  • Koranschulen stellen praktisch das einzige verfügbare Bildungsangebot dar und die Taliban nutzen diese auch, um Fußsoldaten zu rekrutieren, d.h. “die Taliban” sind keine Invasionsmacht, die das Land überfallen hat, sondern Teil der Bevölkerung. Das sind die abgehängten Bauern, bei denen aufgrund von grassierender Korruption nie Entwicklungshilfe angekommen ist. Die zwingen jetzt halt den Städtern (wieder) ihre Lebensweise auf, weil das nunmal das Gesellschaftsmodell ist, das für sie funktioniert.
  • Egal wie man zum Islam steht. Die Taliban waren, nachdem die Sowjets das Land in die Anarchie gestürzt hatten, für die unteren Bevölkerungsschichten ein stabilisierender Faktor, der für Ordnung gesorgt hat. Klar, die haben nach Scharia Recht gesprochen und Dieben einfach die Hand abgehakt. Das ist ohne Frage rückständig und brutal, aber eben genau deshalb auch effektiv in der Abschreckung. Gefängnisse für humanen Strafvollzug musst du dir halt auch erst mal leisten können.
  • Auch wenn die meisten Frauenrechtler es nicht hören wollen: selbst die Burka, dieses Zeichen der Unterdrückung, auf dem wir hier so gerne herumreiten und wegen der wir bereit sind in den Krieg zu ziehen, ist dort eigentlich ein zivilisatorischer Fortschritt. Die Frau unterwirft sich damit den Regeln der Religion und solange sie das tut, geniest sie den Schutz der Taliban. Wenn die einzige Alternative dazu “das Recht des Stärkeren” ist (wobei Frauen naturgemäß den Kürzeren ziehen), dann ist Vollverschleierung im Tausch für Sicherheit plötzlich gar kein so schlechter Deal mehr.

Klar, der Islam ist ein rückständiges Weltbild und hat in einer aufgeklärten Gesellschaft nichts verloren. Afghanistan hat aber keine aufgeklärte Gesellschaft und das politische Versagen des Westens besteht u.A. darin, keine solche aufgebaut zu haben. Was die Medien uns hier als Machtübernahme durch die Taliban zu verkaufen versuchen, ist, nüchtern betrachtet, eigentlich eher ein Organismus, der versucht die Überreste eines Fremdkörpers hinaus zu drängen.