Nein, die Corona-Warn-App funktioniert eben nicht!
Argument: die Corona-Warn-App funktioniert weil sie mir bereits X Risikokontakte gemeldet hat.
Ich rege mich hier gerade über dieses Interview mit Thomas Röwekamp (CDU) auf. Er argumentiert, dass die Corona-Warn-App funktioniert, weil sie ihm persönlich bereits 8 (niedrig) Risikokontakte angezeigt hat. Was er hier als Funktionsnachweis interpretiert ist aber tatsächlich ein Totalversagen.
Das muss man für nicht-Informatiker erklären:
- Niedriges Risiko heißt eben nicht keine Gefahr (auch beim Lottospielen habe ich ein sehr niedriges Risiko zu gewinnen). Wenn die App hupt, dann wäre die korrekte Reaktion, das mit einem Test abzuklären und bis dahin vorsorglich in Quarantäne zu gehen. Auf Dauer wird das teuer und lästig. Wenn ich aber aus Kostengründen und aufgrund häufiger Fehlalarme nicht (mehr) auf Warnsignale reagiere, dann stellt das den Sinn des Systems in Frage. Was wir hier haben ist die Software gewordene Fabel vom “Hirtenjungen und dem Wolf”.
- Würde sich jeder Bürger korrekt verhalten und bei Alarm sofort testen lassen, dann wären die Laborkapazitäten ziemlich schnell erschöpft (aktuelle Kapazität: ~270k Tests/Tag). Problem an der Sache: die Corona-Warn-App erlaubt es nur mit gültigem Testergebnis, Kontakte zu warnen, d.h. die App überlastet zuerst die Labore mit Fehlalarmen und würgt dadurch erst sich selbst, sowie, in Folge, die gesamte übrige Kontaktverfolgung ab.
- Wenn die Corona-Warn-App einen niedrig Risiko Kontakt meldet, dann tut sie das nach dem bewährtem Bundeswehrmotto “melden macht frei”. Sie kann, aufgrund techn. Unzulänglichkeiten, nicht selbst entscheiden und gibt daher die Verantwortung an den Nutzer ab. Der Nutzer befindet sich nun in der Situation, dass er sich überlegen soll, ob und wo er sich in der letzten Woche angesteckt haben könnte. Die wenigsten haben aber ein entsprechend gutes Gedächtnis und genau aus diesem Grund wurde die App ja eben in Auftrag gegeben. Jedes mal, wenn die App einen niedrig Risiko Kontakt meldet, ist das also ein Eingeständnis dafür, dass sie (eine) ihrer vorgesehene(n) Funktion(en) nicht erfüllt.
Die App ist katastrophal nutzlos, gräbt öffentliche Gelder ab, die anderweitig besser aufgehoben wären und wird uns sogar aktiv Knüppel zwischen die Beine werfen, sobald der Winter zu steigenden Fallzahlen führt. Es ist Zeit, dieses unsägliche, aus purem Aktionismus geborene Projekt endlich zu beenden, nicht es noch weiter auszubauen, in der Hoffnung dass es es vielleicht endlich hilft, wenn man die Teilnahme verpflichtend macht. Wie befinden uns damit jetzt genau an dem Punkt, vor dem ich bereits vor einem halbem Jahr gewarnt habe: wie bei Elbphilharmonie und BER wird weiter gewurschtelt weil niemand die Verantwortung für Fehlplanung übernehmen will. Am Ende bezahlen wir mit Grundrechten, ohne Leistung dafür zu erhalten.