Tja, die deutsche Corona-Warn-App ist “fertig”. Soweit viel (Eigen)Lob, wie toll man die Probleme mit dem Datenschutz gelöst hat. Die Frage, ob Kontaktverfolgung via Smartphone überhaupt ein geeignetes Mittel ist geht darin natürlich genauso unter wie die ungeklärte Rechtslage. Besser als mit diesem XKCD hier lässt sich die Misere wohl kaum ausdrücken:
Immer wenn sich MS und Open Office Jünger darüber diskutieren, welches das bessere Produkt ist, muss ich unwillkürlich an eine Szene im Baumarkt denken, in der zwei Dödel darüber streiten, welchen Hammer man kaufen sollte, um Schrauben in die Wand zu schlagen…
Wenn man was zu Papier bringen will, nutzt man LaTeX. Alles andere ist Spielkram.
Tja, meine Damen und Herren, damit wäre die Absicht hinter der Corona Warn App dann wohl geklärt:
Die Entwicklung der Corona-Warn-App des Bundes durch SAP und die Deutsche Telekom wird rund 20 Millionen Euro kosten. Das verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen in Berlin. Dazu kommen noch Betriebskosten in Höhe von 2,5 Millionen bis 3,5 Millionen Euro monatlich [..]
Mal wieder so eine Public/Private Partnership Geschichte, die mit einem broken by design product Steuergelder privatisiert. Kein Wunder also, warum die Regierungskoalition so überhaupt keine Eile hat, ein Begleitgesetz zu verabschieden, welches regelt wann der Unsinn wieder eingestampft werden muss und das man für die Nichtnutzung nicht benachteiligt werden darf.
Für das Geld hätte man auch 1000 zusätzliche Stellen für Kontaktverfolgung bei den Gesundheitsämtern schaffen können. Überlegt euch selbst, was von beidem das bessere Preis/Leistungsverhältnis bietet.
Da die Öffentlich-Rechtlichen ja langsam damit anfangen die Werbetrommel für die Corona-Warn-App zu rühren, sollte man vielleicht nochmal deutlich darauf hinweisen, dass das Ding bereits konzeptuell in den Sand gesetzt wurde.
Zur Erinnerung: das Corona Virus verbreitet sich exponentiell und damit, ab einem Kipppunkt, so schnell, dass man mit manueller Kontaktverfolgung (Stift, Papier, Telefon) nicht mehr hinterher kommt. Die App wollten “wir” ursprünglich deshalb, weil ein automatisch weiter geleiteter Alarm sich ebenfalls hätte exponentiell verbreitet können. Gut, das System hätte natürlich darunter gelitten (=in der Praxis nicht funktioniert), dass es ständig Fehlalarme erzeugt, aber zumindest in der Theorie wären wir damit schneller als das Virus gewesen und hätten ihm den Weg abschneiden können.
Was bekommen wir jetzt? Ein App, die uns eine Benachrichtigung anzeigt, dass wir uns testen lassen sollen und die einen PIN vom Labor benötigt, um den Alarm weiter leiten zu können. Wer sich nicht testen lässt oder keinen Test bekommt unterbricht die Alarmkette. Na herzlichen Glückwunsch! Wir zahlen den gesellschaftlichen Preis, betreiben aber im wesentlichem immer noch manuelle Kontaktverfolgung.
Das Beste, was man mit einer dummen Idee machen kann, ist sie fallen zu lassen. Nicht ein Sicherheitstheater um sie herum zu zimmern.
Reden wir doch mal, für nicht-Informatiker verständlich, darüber wie Bluetooth Kontaktverfolgung (nicht) funktioniert, woran scheinbar einfache Lösungen in der Praxis scheitern und warum das dann gerne katastrophale Konsequenzen nach sich zieht.
Aha! Der deutsche Landkreistag hat sich zu Wort gemeldet und findet, dass “die” Corona App verpflichtend, mit Registrierung bei den Gesundheitsämtern, installiert werden soll. Datenschutz würde man schon irgendwie geregelt bekommen.
Wir erinnern uns, vor vier Wochen hat man es geregelt bekommen, dass Gesundheitsämter Quarantänelisten mit der Polizei teilen mussten — ohne das es dafür eine eindeutige Rechtsgrundlage und einen konkreten Verwendungszweck gab oder überhaupt nachvollziehbar war, wer Zugriff hatte.
Ab heute also Maskenpflicht…
Na dann, Dreieckstuch aus dem abgelaufenem Verbandskasten vor die Nase und mit breitem Grinsen zur Bank zum Geld abheben! Datenschutz fürs Gesicht halt. Die ganzen Überwachungskameras im öffentlichem Raum gingen mir schon immer gegen den Strich.
Es sind die kleinen Dinge, die eine Krise erträglich machen.