Wenn die Polizei nach dem Restaurantbesuch 3x klingelt

Es kam natürlich wie es kommen musste. Die Polizei, dein Freund und Helfer, Elefant im Porzellanladen des Datenschutzes, hat die Corona Kontaktlisten der Gastronomie für sich entdeckt. Na Prost Mahlzeit!

Kennt ihr das? Man geht Essen, man wird aufgefordert, sich in eine Corona Kontaktliste einzutragen, man folgt der Bitte im Vertrauen darauf, dass die Daten auch wirklich nur vom Gesundheitsamt genutzt werden (keine Gewinnspiele und so’n Kram) und wenige Tage später steht dann die Polizei auf der Matte. Gab da ein Verbrechen in der Nähe des Restaurants, für das jetzt Zeugen gesucht werden.

Tja, liebe Jungs (und Mädels) in grün, so ein zerkratzter Autolack ist es natürlich schon wert, mal wieder Vertrauen in den Staat zu verspielen und das Brechen von Infektionsketten zu erschweren, wenn in Folge nur noch Falschangaben auf den Gästelisten gemacht werden. Gibt halt Dinge, die man einfach nicht macht, auch wenn es die StPO gestattet.

Aber warum sollte man sich als rechtschaffener Bürger eigentlich nicht als Zeuge zur Verfügung stellen wollen?

Die Sache mit dem moralischem Imperativ

Klar - Wer in Not ist, dem hilft man! Soweit die Theorie. In der Praxis hat man allerdings ein berechtigtes Interesse, sich nicht durch übermäßige Hilfeleistung selbst zu Schaden. Bevor man also in einem Anfall absoluter Obrigkeitshörigkeit das Vorgehen der Polizei mit der üblichen “der Zweck heiligt die Mittel” Rhetorik pauschal rechtfertigt, lohnt es sich durchaus, sich erst einmal darüber klar zu werden, worauf man sich da unter Umständen einlässt.

Den Auftakt macht zunächst ein unerwarteter Brief (wahlweise auch Telefonat oder eine Email) von der Polizei. Während man diesen in Händen hält, schwenkt der Blick des inneren Auges automatisch zu einem Bücherregal mit ca. 30 kg Gesellschaftsvertrag (BGB, StGB, StVO, SGB, EStG, …), den man zwar selbst nie gelesen, aber qua Geburt trotzdem “unterschrieben” hat. Dabei drängt sich unwillkürlich die Frage auf, gegen welche(n) Paragraphen man wohl verstoßen haben könnte und mit wie viel Ärger/Kosten man zu rechnen hat. Die Situation wird Maximal unangenehm, wenn dann zeitgleich auch noch eine Stimme aus dem Hintergrund ertönt und vorwurfsvoll wissen will: “Was hast’n du mit der Polizei zu schaffen?!”.

Man öffnet also das Schreiben und wird sogleich in preußischem Tonfall dazu aufgefordert, sich zu einem möglichst vage beschriebenem Vorfall zu äußern. Damit wäre dann auch schon der Punkt erreicht, an dem man bereits keine Lust mehr hat, weil schlagartig klar wird, dass das Erfüllen der Bürgerpflicht mal mindestens Zeit kostet. In der vollen Ausbaustufe halt ein persönliches vorstellig werden auf dem Revier, um eine Aussage zu Protokoll zu geben.

Wer sich entschließt, auf der Wache aufzukreuzen, sollte folgende zwei Dinge wissen:

  1. Als Zeuge geladen zu werden, heißt noch lange nicht, dass man als Täter ausgeschlossen wurde (Verdächtigen steht ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, weshalb die Polizei einen Teufel tun wird, mit der Tür ins Haus zu fallen - man wird grundsätzlich als Zeuge vernommen und erst dann, bei Bedarf, hochgestuft).
  2. Unschuldig zu sein schützt nicht davor, sich trotzdem um Kopf und Kragen zu reden.

Mit der Zeugenaussage bei der Polizei ist die Angelegenheit selbstverständlich noch nicht erledigt. Wer einen relevanten Beitrag zur Aufklärung eines Verbrechens leistet, sollte damit rechnen, als Nächstes von der Staatsanwaltschaft vorgeladen zu werden, um die Aussage vor Gericht zu wiederholen. Das wäre dann ein zweiter (wesentlich unflexiblerer) Termin, für den man Platz in seinem Terminkalender zu schaffen hat, sowie eine erneute Chance, sich um Kopf und Kragen zu reden.

Last but not least: In einem Strafprozess auszusagen bedeutet im Zweifelsfall jemanden hinter Gitter zu bringen. Damit kann man sich durchaus einen Feind fürs Leben machen, was man sich bei Gewaltverbrechern vermutlich zweimal überlegen sollte.