September 28, 2019

Könnte Google Huawei von Play aussperren?

Das Huawei Mate 30 wird dank Trumpelstilzchen ohne Google Apps auf den Markt, bzw. nicht auf den Markt kommen. Aber was wäre, wenn Huawei sich (in Zukunft) einfach über das US Embargo hinwegsetzt und die Software trotzdem vorinstalliert? Der Konzern sitzt ja immerhin in China und unterliegt damit nicht amerikanischer Gerichtsbarkeit. Könnte Google Huawei Geräte wirklich von Play fernhalten?

Wer jemals das Vergnügen hatte, sich mit dem Thema “Android App Kompatibilität” auseinandersetzen zu müssen weiß, dass Play App Entwicklern die Möglichkeit bietet, ausgewählte Geräte als “nicht kompatibel” auszuschließen. Besitzer besagter Geräte können die entsprechende App dann nicht herunterladen. Für Google sollte es also kein Problem sein, einen globalen “Huawei Filter” zu konfigurieren. Aber wie zuverlässig wäre das? Könnte Huawei sich daran vorbei schwindeln und wäre das ratsam?

Technische Hürden

Ein Gerätehersteller, der die Google Play Services vorinstallieren möchte, muss zwar einen Zertifizierungsprozess durchlaufen und Lizenzgebühren bezahlen, nicht aber seine Geräte in dem Sinne registrieren, dass er für jedes Modell einen eigenen, eindeutigen API Key beantragt:

  • Modelle kommen oft in mehreren Varianten (Farbe, Speicherausstattung,…) auf den Markt, was sich in der Modellnummer wiederspiegelt. Niemand ist scharf auf den bürokratischen Mehraufwand zu zusätzlich zu jeder Modellnummer einen eigenen API Schlüssel verwalten zu müssen.
  • API Keys lassen sich aus dem Gerätespeicher auslesen und würden somit sowieso keinen Zugangsschutz bieten.

Soweit es Play betrifft, ist ein Gerät einfach das, was es behauptet zu sein. Prinzipiell könnte Huawei sein Mate 30 also als Thingamabob von Acme Inc. ausgeben, was aber natürlich keine Lösung wäre, da jeder Phantasiename schneller in der Sperrdatei landen würde, als die Produktion abverkauft werden können. Huawei müsste sich also als ein anderer Hersteller, z.B. Samsung, tarnen und dafür an drei Stellen im System lügen:

  1. Bei der Registrierung der GSF ID (einmalig; wenn ein neuer Account mit dem Gerät verknüpft wird).
  2. Bei Checkins (regelmäßig; etwa stündlich).
  3. Beim Download von Apps (Kompatibilitätscheck).

Die naheliegende Lösung wäre, Registrierung und Checkin in einen eigenen Prozess auszulagern, sowie eine gemodete Version des offiziellen Playstores vorzuinstallieren. Diese Methode ist aber völlig untauglich, da sich die App selbstständig über Play aktualisiert (Anmerkung: code signing steht dem nicht im Wege). Eine andere Möglichkeit wäre, die Lüge in 🗋 /system/build.prop zu verpacken und durch das gesamte Android Framework zu propagieren. Das funktioniert aber nur so lange, wie Google nicht genau hinsieht und es können unvorhersehbare Nebenwirkungen auftreten. Für den Massenmarkt ist diese Vorgehensweise also ebenfalls nicht geeignet. Bliebe als letzte Option ein vollständiger Nachbau des Playstore Clients, sowie des gesamten Google Play Services Framework. Grundsätzlich machbar, ist aber mit extremen Aufwand verbunden und der Teufel steckt im Detail.

Der PR Aspekt

Prinzipiell könnte Huawei seine Geräte gegenüber Google als Smartphones von anderen Herstellern tarnen. Nur, geheim halten lässt sich das dann halt eben nicht. Auch, bzw. erst recht nicht vor den eigenen Kunden.

Produkte unter fremden Label zu vertreiben ist für einen Markenhersteller ein absolutes no-go. Es verbietet sich eigentlich von selbst erst Unsummen in Werbung zu investieren, um dem Konsumenten den eigenen Namen bekannt zu machen, nur um seine Aufmerksamkeit dann auf die Konkurrenz zu lenken. Im konkretem Fall wäre das in erster Linie an drei Stellen der Fall:

In der Software auf dem Gerät selbst wäre die Tarnkappe zwar für den normalen Konsumenten unsichtbar, nicht aber für Leute, die ihr Geld damit verdienen, gezielt nach genau solchen Dingen zu suchen. Huawei würde sich zum Gespött machen, wochenlang nicht aus den Schlagzeilen kommen, sich nachhaltig den eigenen Ruf ruinieren und nebenbei noch für die Konkurrenz werben.

Das größte Problem wäre allerdings, dass Huawei den Massenmarkt bedient, d.h. Millionen von techn. wenig versierten Anwendern, die dann von Google gesagt bekommen, dass sie ein völlig anderes Gerät benutzen als sie tatsächlich besitzen und reichlich irritiert sein dürften, wenn ihr Account von einem unbekanntem Gerät aus eingeloggt wurde. Ein Teil dieser Nutzer wird voraussichtlich versuchen, das “defekte” Gerät umzutauschen, worauf der Handel damit reagieren wird, Huawei aus dem Sortiment zu nehmen.

Die rechtliche Situation

In China hätte Huawei sicherlich keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Aber der Konzern bedient nun mal auch den Weltmarkt und wäre damit auf mehreren Ebenen juristisch angreifbar.

Nehmen wir einmal an, Huawei würde das Mate 30 als ein Galaxy Note 10 tarnen. Für Samsung wäre das eine Steilvorlage, einen Konkurrenten unter dem Vorwand der Markenrechtsverletzung vom Markt zu klagen. Aber auch andere Smartphone Hersteller würden sofort vor Gericht ziehen. Zum einem weil sich ein solcher Prozess PR techn. ausschlachten lässt, zum anderem als Vorwärtsverteidigung, weil es sich niemand leisten kann, sich hier zum Komplizen zu machen.

Google müsste zwangsläufig aufgrund von Copyrightverletzungen klagen (selbst wenn kein Google Code verwendet wird, sähe ein 100%iger Playstore Klon halt per Definition immer noch aus wie das Original). Sowohl auf Druck der US Regierung als auch aus Eigeninteresse. Play ist der Hebel mit dem Google Gerätehersteller zwingt die komplette Gapps Suite zu installieren (und Lizenzgebühren zu zahlen). Google kann Huawei nicht mit einer eigenen Implementierung davon kommen lassen.

Der Versuch, gegen das Embargo zu verstoßen würde weltweit lediglich eine Flut von Gerichtsprozessen und vom Zoll beschlagnahmte Ware nach ziehen. Unterm Strich also nichts außer Kosten verursachen.

Fazit

Könnte Huawei das US Embargo umgehen, indem es seine Geräte tarnt? Klar, technisch ginge das. Machen APK Downloader ja auch nicht anders. Nur für einen Großkonzern wäre es eben Selbstmord.